Activist Photographer ist die Bezeichnung, unter der Cagan sein künstlerisches Wirken verstanden wissen will. Nicht (allein) Dokumentarfotograf, nicht (allein) Chronist, nicht (allein) Künstler, sondern Mitwirkender in einem Geschehen, dass durch den medialen Prozeß der Fotografie beeinflußt werden kann. Seit Jahrzehnten arbeitet Cagan in dieser Weise und begibt sich oft intensiv und langfristig in die Lebensbedingungen seiner Sujets hinein. Seine Arbeiten finden sich in internationalen Sammlungen.

1983 war Cagan Teilnehmer der großen Ausstellung „Das andere Amerika“ der Berliner Neuen Gesellschaft für Bildende Kunst. Die s/w Fotografien der aktuellen Ausstellung stammen aus Cleveland / Ohio. Sie zeigen Menschen in unterschiedlichsten Arbeitssituationen (vom Stahlwerker, Feuerwehrmann, Hähnchenfließband-Arbeiterinnen, Lehrer, Büro- und Laborbeschäftigten) und industrielle Landschaft im Rückzug. Die meisten der portraitierten Arbeiter und Arbeiterinnen sind gewerkschaftlich organisiert: "Union Yes! Jobs with Justice!"



20 Jahre Galerie Arbeiterfotografie - der US-amerikanische 'Activist Photographer'
Steve Cagan - Working Ohio

„Ich halte mich gerne für einen Aktivisten/Fotografen, weil meine Beziehung zur Bewegung hier nicht auf die Fotografie beschränkt ist“, sagt Cagan über Cagan. Mit der beginnenden Depression dokumentiert der damals 30jährige in seiner Heimat Cleveland die schwindenden Industrien, stöhnende Riesen in Industriebrachen, vor und nach dem Einsatz der Abwracker. Sein Interesse gilt seit Jahrzehnten den Menschen in ihrem Sozialumfeld, zu dem wesentlich ein Arbeitsplatz gehört. In den modernen Industrien in Billiglohngebieten wird die Arbeit vieler ehemals in der Schwerindustrie Beschäftigter „von numerisch gesteuerten Maschinen erledigt, von Industrierobotern, die 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr, ohne Anspruch auf Rente bis an ihr Lebensende funktionieren,“ kommentiert Reinhard Schulz (Herausgeber von Das andere Amerika) in einem Artikel über Steve Cagan in der Zeitschrift Arbeiterfotografie (40) von 1984. Zwischen 1973 und 1983 verloren über 110.000 Arbeiterinnen und Arbeiter im Gebiet ihre Beschäftigung aufgrund von Werksschließungen und -verlagerung.

Steve Cagan steht in der Tradition der großen Sozialfotografen des 20. Jahrhunderts, allen voran Lewis Hine und vielen weiteren berühmten Gedächtnisbildnern aus der Zeit des New Deal und weit darüberhinaus wie Gordon Parks, Robert Frank und Milton Rogovin. Zu sehen sind heute Menschen in unterschiedlichen Arbeitsituationen (2005-2007) und industrielle Landschaften (1970/80er).

Anneliese Fikentscher

Eröffnung am 28. Mai 2010 in der Galerie Arbeiterfotografie in Köln (Fotos von Andreas Neumann)