Israels Krieg im Nahen Osten |
"Das Abnormalste am Krieg, an jedem Krieg, ist die Normalität, mit der er hingenommen wird" Rede des Schriftstellers Pedro Lenz anläßlich der Friedenskundgebung 'Nein zum Krieg im Nahen Osten' am 29. Juli 2006 in Bern Liebe Anwesende, Sie wissen es, die Lage im Nahen Osten, besonders in Libanon, ist nicht ernst, sie ist sehr, sehr viel mehr als das. Denn während wir hier reden, sterben Unschuldige, sterben Leute wie sie und ich, sterben Kinder, sterben Frauen und Männer, sterben Junge und Alte, sterben Gesunde und Kranke, sterben Hoffnungen, sterben Lebensentwürfe, sterben Zukunftspläne, sie sterben und sterben jeden Tag, sie sterben auch heute. […] Freunde von mir sind gegenwärtig täglich in telefonischem Kontakt mit Menschen aus der Stadt Tyrus im Süden Libanons. Es handelt sich um Menschen, deren Bildung, deren Ideen, deren Berufe, deren Träume, deren Wertvorstellungen sich kaum von den unseren unterscheiden. Es sind Leute, die tagsüber einer Beschäftigung nachgehen und abends die Freizeit geniessen möchten, ganz genau wie wir. Es sind Leute, die gerne leben würden. Es sind keine Teufel, keine Terroristen, keine Fanatiker irgendwelcher Art. Es sind bloss normale Leute. Einige von ihnen habe ich vor zwei Jahren selber kennengelernt: der Apotheker hat Aspirin verkauft, der Metzger hat Fleisch verkauft, der Coiffeur hat Haare geschnitten, die Serviererin hat serviert. […] Jetzt telefonieren einzelne von ihnen täglich mit Freunden in Bern und berichten, dass ihre Stadt beschossen, ihre Häuser, ihre Strassen, ihre Brücken, ihre Geschäfte, ihre Hoffnungen zerstört und viele ihrer Mitbürger getötet werden, dass sie vielleicht selbst bald getötet werden, vielleicht heute, vielleicht morgen, vielleicht in der Woche darauf. Sie können nirgendwo hin. Sie haben keine Waffen. Sie haben keine Luftschutzkeller, sie haben keine Luftbrücken, keine Schiffe, die sie raus bringen, keine Strassen, auf denen sie flüchten könnten, nichts. Sie haben nichts als die Angst vor der nächsten Bombe. Und wenn sie gefallen ist, kommt die Angst vor der, die nachher folgt und danach die Angst vor der übernächsten Bombe, und so immer weiter. […] Die grösste Angst dieser Menschen, ausser der Angst vor den Bomben, ausser der Angst vor dem Geräusch der nahenden Flugzeuge, ausser der Angst vor dem Elend, das den Bomben folgen wird, ausser der Angst davor, ihre Kinder zu verlieren, ihre Eltern zu verlieren, ihre Liebsten zu verlieren, ihr Leben zu verlieren, die grösste Angst dieser Leute, sagte ich, ist es, dass die Welt sie einfach vergisst, einfach verenden lässt, einfach aus der Landkarte, aus dem Gedächtnis, aus den Zeitungsseiten, aus dem Telefonverzeichnis streicht. […] Die Opfer, die Toten, die Verstümmelten, die psychisch und körperlich Zerstörten und Zerfetzten sind Leute wie wir, sind Unbewaffnete, sind Wehrlose, sind Normale, sind vielleicht Pizzakuriere oder Hauswarte oder Sekretärinnen oder Krankenschwestern. Und sie sterben vor Verzweiflung, sie sterben unter den Trümmern der Häuser, die sie bewohnt haben, die sie eingerichtet haben, für die sie Zins bezahlen und Zinsnebenkosten und Kabelgebühren, ganz genau wie wir. Was können wir tun, fragen die Freunde in Bern ihre Freunde in Südlibanon. Redet, sagen sie, redet, bitte hört nicht auf zu reden, hört nicht auf, euch zu empören. Quelle: www.zeit-fragen.ch |
Weiterer Beitrag zum Thema Israel/Palästina: |
Antideutsche: deutscher Ableger der Neocons Jürgen Elsässer in 'junge Welt' vom 2.8.2006 in einem Artikel mit dem Titel 'Alte Feinde, neue Feinde' |
Alle Beiträge zu Israel/Palästina im Überblick: |
Tagebuch Israel/Palästina Notizen zu Israels Krieg im Nahen Osten - insbesondere gegen die Bevölkerung Palästinas |
Eine schwarze Fahne Gideon Levy in der israelischen Tageszeitung Haaretz vom 9.7.2006 |
Wer hat begonnen? Gideon Levy in der israelischen Tageszeitung Haaretz vom 13.7.2006 |
Israels Kriegsführung gegen die (palästinensische) Infrastruktur Mike Whitney am 2.7.2006 auf der website 'Information Clearing House' |
Anhaltender Bomben-Terror Israels im Libanon ist keine Selbstverteidigung Offener Brief an die Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland Angelika Merkel, Beirut, 15.7.2006 |
Kriegsanlaß durch Israel provoziert? Über den 'Ausbruch' von Israels Krieg gegen den Libanon am 12. Juli 2006 |
"Wir erkennen den Staat Israel nicht länger an" Auszüge aus dem in 'Aftenposten' vom 5.8.2006 erschienenen Artikel 'Gottes auserwähltes Volk' von Jostein Gaarder |
Antideutsche: deutscher Ableger der Neocons Jürgen Elsässer in 'junge Welt' vom 2.8.2006 in einem Artikel mit dem Titel 'Alte Feinde, neue Feinde' |
Waffentest in Gaza Artikel von Andrea Bistrich und Interview mit Dr. Juma Al Saqqa, Facharzt für plastische Chirurgie und Sprecher des Schifa-Krankenhauses in Gaza-Stadt |
"Rain Man" Bericht von Lama Hourani aus Gaza City vom 17. Oktober 2006 |
Wolf Biermann und 'Die Zeit' mißbrauchen Stolpersteinkünstler Gunter Demnig Betrachtungen zu einem Artikel in der 'Zeit' vom 26. Oktober 2006 |
Mekka entgegen - Muss ein Indianer das Existenzrecht der Vereinigten Staaten anerkennen? Artikel von Uri Avnery, israelischer Friedensaktivist bei Gush Shalom, vom 17.2.2007 |
Eingemauerte sieht man nicht Deutsche Bischöfe sprechen in Israel von Berliner Mauer und Warschauer Ghetto |