Medien und Krieg - Die Saddam-Inszenierung Teil 2:
Die 'Festnahme' der Saddam Hussein genannten Person
Wie ein Phantom als Video auftaucht, wieder verschwindet und die Welt 'aufatmen' läßt
Kleiner Querschnitt durch die 'Berichterstattung' zu dem Vorgang vom 13.12.2003, der als Festnahme von Saddam Hussein dargestellt wird

'Bild'
Titelseite vom 15.12.2003
'Express'
Titelseite vom 15.12.2003
'taz'
Titelseite vom 15.12.2003

"Es ist der Echte", titelt die 'taz'. Nach einer solchen Überschrift verlangt die kritische Leserschaft, hat sich die Redaktion wahrscheinlich gedacht. Es könnten ja Zweifel aufkommen, die im Keim erstickt werden müssen. Aber worauf sich die Behauptung gründet, erklärt die 'taz' nicht. Noch nicht einmal die Meldungen von der DNA-Analyse greift sie auf. Wozu auch?
'Kölner Stadt-Anzeiger'
Titelseite vom 15.12.2003
'Süddeutsche Zeitung'
Titelseite vom 15.12.2003
'Die Zeit'
Titelseite vom 17.12.2003
'Stern'
Titelseite vom 18.12.2003
'Der Spiegel'
Titelseite vom 20.12.2003
'Time'
Titelseite vom 22.12.2003
'Newsweek'
Titelseite vom 22.12.2003
'Paris Match'
Titelseite vom 18.12.2003

Auch die Sendungen des kommerziellen und öffentlich-rechtlichen Fernsehens stellen den Vorgang als erwiesene Nachricht dar. Saddam Hussein gefasst - Saddam Hussein festgenommen, titeln sie ohne jede Distanz und präsentieren die vom US-Militär in die Welt gesetzten Videoaufnahmen als Sensation.

'n-tv'
14.12.2003
Saddam Hussein in Tikrit gefasst
'n-tv'
14.12.2003
'Tagesschaui'
14.12.2003 20 Uhr
Saddam Hussein festgenommen (Top-Nachricht)

Sprecherin: "Saddam Hussein in amerikanischer Gefangenschaft: Auf diese Bilder hatte die US-Armee lange gewartet. In Bagdad präsentierte sie am Mittag ein Video, das den irakischen Ex-Diktator nach seiner Festnahme zeigt. US-Soldaten stellten den gestürzten Machthaber in der Nähe seiner Heimatstadt Tikrit. Sie fassten ihn in einem Kellerversteck. Widerstand leistete er nach US-Angaben nicht. Er sei unverletzt, teilte das Militär mit, und zeige sich kooperativ. Nach Saddam war seit der Einnahme Bagdads im April gefahndet worden."
'Tagesschaui'
14.12.2003 20 Uhr

Das ist geschickt. Statt von der Unterzeichnung des Geheimdienstgesetzes, des 'Intelligence Authorization Act for Fiscal Year 2004 (H.R.2417)' durch US-Präsident Bush zu berichten, sind die Medien am Sonntag, dem 14.12.2003, fast den ganzen Tag über voll mit Berichten von dem, was sie als Festnahme Saddam Husseins bezeichnen. Von der schrittweisen Umsetzung des so genannten Patriot Acts II zur weiteren Einschränkung der Bürgerrechte erfahren wir nichts. Für die 'Tagesschau' z.B. ist das kein Thema und für die Radionachrichten des WDR auch nicht.

Immerhin erfahren wir in den Radionachrichten des Bayerischen Rundfunks am Montag, dem 15.12.2003, um 6 Uhr früh: "Der amerikanische Präsident Bush hat ein neues Geheimdienstgesetz unterzeichnet. Es gibt unter anderem der Bundespolizei FBI mehr Möglichkeiten im Kampf gegen die Finanzierung des Terrorismus. So kann das FBI jetzt einfacher Finanzinformationen von Kasinos, Autohändlern und anderen Geschäften einholen. Mit dem Gesetz wurde auch das Geheimdienstprogramm für 2004 gebilligt, dessen Einzelheiten allerdings weitgehend unter Verschluss sind..."

Worum es tatsächlich geht, erfahren wir allerdings auch hier nicht. Aber immerhin, die zeitliche Nähe zweier Ereignisse, die Unterzeichnung des Gesetzes in Washington und die Inszenierung der 'Festnahme' im Irak, kann Aufmerksamkeit erregen und zum Nachforschen motivieren - über eine Inszenierung mit Doppelfunktion: zum einen als PR-Aktion mit dem Ziel, der Weltöffenlichkeit den völkerrechtswidrigen Raubüberfall auf den Irak als Befreiung zu verkaufen, zum anderen den Abbau demokratischer Freiheit im entfachten Medienwirbel untergehen zu lassen und gar nicht erst als solchen ersichtlich werden zu lassen. "Most of the details of the bill are secret" (Die meisten Einzelheiten des Gesetzes sind geheim), heißt es in einer entsprechenden AP-Meldung. Mit der Überschrift "Bush signs bill extending FBI powers" (Bush unterzeichnet das Gesetz zur Erweiterung der FBI-Kompetenzen) verbreitet 'The Boston Globe' die AP-Meldung. 'Unknown News' übersetzt: "Bush signs 'PATRIOT Act II'" (Bush unterzeichnet 'PATRIOT Act II').

Über die 'Festnahme' soll US-Präsident Bush am Samstag, dem 13.12.2003, um 15.15 Uhr (Ortszeit) auf seinem Landsitz Camp David (Maryland) in Kenntnis gesetzt worden sein. Über die Unterzeichnung des Gesetztes erfahren wir, daß sie am gleichen Tag (ungewöhnlicherweiese am Wochenende) in Washington stattgefunden habe. Allerdings scheint die Information über diesen Vorgang erst gegen Ende des folgenden Tages, am Sonntag, dem 14.12.2003, in die Öffentlichkeit gegeben worden zu sein - in einer Phase, als die 'Festnahme' als Top-Ereignis in den Köpfen der Menschen verankert ist. Alles in allem: aus dem Blickwinkel der US-Machthaber ein gelungener zeitlicher Ablauf.

Bis gegen 13 Uhr (MEZ) wird am Sonntag, 14.12.2003 (von deutschsprachigen Nachtrichtenagenturen) verbreitet, die als Saddam Hussein bezeichnete Person sei in Tikrit festgenommen worden. Diese Meldungen beziehen sich auf irakische Quellen. Um 13 Uhr (MEZ) beginnt in Bagdad dann eine Pressekonferenz der US-Armee. Hier verkünden Vertreter der USA, die als Saddam Hussein bezeichnete Person sei nicht in Tikrit sondern in einem Ort in der Nähe von Tikrit festgenommen worden. Ab ca. 13.30 Uhr wird dieses dann fast ausnahmslos als offiziell feststehender Tatbestand verbreitet. Verlautbarungen der USA haben als Wahrheit zu gelten. Aber warum sollen Aussagen von US-Vertretern wahrer sein als die aus anderen Quellen? Es gibt drei Möglichkeiten: 1. Aussage A (Festnahme in Tikrit) stimmt nicht; 2. Aussage B (Festnahme in einem Ort in der Nähe von Tikrit) stimmt nicht; 3. Aussage A und B stimmen beide nicht. Die Möglichkeit, daß beide Aussagen zutreffen, gibt es nicht.

Bis zum 14.12.2003 13 Uhr (MEZ) ist Saddam Hussein ein Phantom. Sein Aufenthaltsort - lebend oder tot - ist nicht bekannt. Dann beginnt in Bagdad die Pressekonferenz der US-Armee. Dort wird ein Video vorgeführt, in dem eine Person mit Vollbart und dann ein Foto (einem Bild aus der vorherigen Szene gegenübergestellt) von einer Person mit Schnauzbart zu sehen ist. Vertreter der USA behaupten, es handele sich dabei um Saddam Hussein. Nach Vorführung dieses Videos ist Saddam Hussein wieder ein Phantom. Sein Aufenthaltsort ist geheim. Wir wissen nicht, ob es ihn tatsächlich gibt. Nichts ist für die Öffentlichkeit nachprüfbar. Es gibt von der Saddam Hussein genannten Person nur das Video und ein paar Bilder, von denen die Öffentlichkeit glauben soll, daß sie authentisch seien - daß sie das zeigen, was behauptet wird.

Zwei Bilder mit weißen Kacheln, davor jeweils eine Person, eine mit Vollbart und eine mit Schnauzbart

Die weißen Kacheln erwecken den Eindruck, daß es sich auf beiden Bildern um den gleichen Raum handelt, was den Eindruck verstärkt, daß auf beiden Bildern die gleiche Person abgebildet sein könnte.

Von einer DNA-Analyse, die die Identität erwiesen hätte, sprechen irakische Quellen, die US-Vertreter nicht. Warum sollen die irakischen Quellen in diesem Punkt zutreffend sein, wo sie sich doch hinsichtlich des Ortes der angeblichen Festnahme als falsch herausgestellt haben (zumindest zu denen der US-Vertreter im Widerspruch stehend).

Es gibt keinerlei Grund, den verbreiteten Meldungen Glauben zu schenken. Die Wahrscheinlichkeit der Inszenierung ist hoch. Doch für den überwiegenden Teil der Medien gibt es keinen Grund zum Mißtrauen. Sie geben wieder, was vom Pentagon und seinen Master-Minds geliefert wird. Ein Beispiel: die Hörfunknachrichten von WDR und vom Bayerischen Rundfunk. Während bis gegen 13 Uhr (MEZ) die Meldung noch in einschränkende Worte gekleidet ist, wird die Meldung von der angeblichen Festnahme nach der US-Pressekonferenz als Fakt verkauft, als könne man der (perfekt) inszenierten Show der US-Armee Glauben schenken.

Und Bundeskanzler Schröder zögert nicht lange. Kaum ist die Pressekonferenz gelaufen, bringt er seine "große Freude" über die gelungene Medien-Show zum Ausdruck: "Ich beglückwünsche Sie zu dieser erfolgreichen Aktion", erklärt Schröder in einem von der Bundesregierung verbreiteten Schreiben und legitimiert damit im Nachhinein den völkerrechtswidrigen Raubüberfall auf den Irak. Seine tiefe Erschütterung über einen neuen erschreckenden Schritt bei der Umsetzung des die Demokratie aushebelnden Patriot Act äußert er nicht.


Weiterer Beitrag zur Saddam-Inszenierung Teil 2:
Wie eine Ratte in einem Loch voller Ratten - und wo die Saddam Hussein genannte Person sonst gefunden wurde
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Kostenlos stellen die Zeitungen dem Pentagon ihre Titelseiten und die Kreativität ihrer Grafiker zur Verfügung
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Das Bild des stürzenden Diktators Saddam - eine Fälschung?
Hans Christoph Stoodt, Pfarrer in Frankfurt, am 17.4.2003
Triumphale Freude über das 'Gelingen' eines mörderischen Raubüberfalls beim Anblick des inszenierten Sturzes
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Über die wundersame Wandlung des so genannten Saddam Hussein
Wie eine Person vor Gericht auftaucht, Saddam Hussein genannt wird und dort ihre Rolle spielt
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Alle Beiträge zur Saddam-Inszenierung Teil 4: Der zweite Gerichtstermin (am 19.10.2005) mit der Saddam Hussein genannten Person
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Ist die im Rahmen von angeblicher Gefangennahme und Prozeß Saddam Hussein genannte Person tatsächlich Saddam Hussein? - 22.10.2005 (zuletzt überarbeitet am 26.10.2005)

Alle Beiträge zur Saddam-Inszenierung Teil 5: Hinrichtungszene vom 30.12.2006 mit der Saddam Hussein genannten Person
Ein Phantom stirbt
Die Hinrichtungsszene in den Medien
Ein Phantom stirbt
Was wir wissen und was nicht

Alle Beiträge zur Powell-Show im Überblick:
"Monster-Gesellschaft"
US-Außenminister Colin L. Powell's Show vor dem UN-Sicherheitsrat am 5.2.2003 in den Medien
Behauptungen, die Beweise genannt werden
Aus der Show von US-Außenminister Colin L. Powell vor dem UN-Sicherheitsrat am 5.2.2003 (in deutscher Übersetzung)
Statements called evidence
Parts of the show of the Secretary of State Colin L. Powell to the United Nations Security Council, February 5, 2003 (Englisches Original - english original)
"Wir dürfen nicht vor dem zurückschrecken, was vor uns liegt" - vor den Verbrechen, die wir planen
Auszüge aus der Rede von US-Außenminister Colin L. Powell vor dem UN-Sicherheitsrat am 5.2.2003
Pleiten, Pech und Pannen
Artikel von Jürgen Elsässer in 'junge Welt' vom 14.2.2003

Alle Beiträge zum 'Massaker' von Halabja:
'Die Akte Saddam' - Kriegspropaganda oder zutreffende Information zum richtigen Zeitpunkt?
Zur Kampagne des Nachrichtenmagazins 'Der Spiegel' und anderer Medien im Vorfeld des geplanten Kriegs gegen den Irak
Der CIA-Mann und Halabja - Zur angeblichen 'Wahrheit' über den Giftgasangriff auf die Kurden
Artikel von Ulla Jelpke in 'junge Welt' vom 6.2.2003
Inmitten einer Propagandaschlacht
Über Jan Keetmans Angriff - in 'ak' vom 21.2.2003 - auf den Ex-CIA-Mitarbeiter Pelletiere, die 'junge Welt' und die 'Friedensfreunde'

Alle Beiträge zum Irak im Überblick:
Frieden ist Menschenrecht!
Rede von Angelika Claußen (IPPNW) bei der Demonstration gegen den geplanten Irak-Krieg, Berlin, 15.2.2003
Der Krieg gegen den Irak: ein vorsätzliches großes Verbrechen
Stellungnahme zum Krieg gegen den Irak von Dr. Detlef Enge-Bastien, Arzt für Innere Medizin im Krankenhaus Bitburg - im Auftrag der IPPNW 1991 für vier Monate im Irak, 23.3.2003
US-Doktrin: Zerstörung der Lebensgrundlagen eines Staates
Aus dem Vortrag "Krieg gegen Irak - Frieden schaffen mit aller Gewalt?" von Jürgen Rose, Oberstleutnant der Bundeswehr - gehalten u.a. am 21.1.2003 in Köln
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Die irakische Ölindustrie verstaatlicht und diesen Schritt auch noch propagandistisch ausgeschlachtet: das geht zu weit - Betrachtungen von Andreas Neumann vom 12.3.2003
Das große Spiel - Worum es geht
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Eine Etappe auf dem Weg zur Weltherrschaft - Bush, Cheney, Rumsfeld & Co. arbeiten an ihrem 'Projekt für ein neues amerikanisches Jahrhundert'
Betrachtung von Rainer Rupp
Tödliche Technologie - Deutsche Rüstungskonzerne mischen beim Bombenkrieg gegen den Irak kräftig mit
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Aber heute geht es um Demokratie und Menschenrechte
Schlaglichter aus der Geschichte des Kampfes um Öl - Faktenzusammenstellung ausgehend von der Sendung des WDR-Fernsehens 'Blut und Öl' vom 28.3.2003
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Aus der Seite www.aljazeerah.info/News%20Photos/Photos%20of%20Iraq%20war%20victims.htm
Davidstern - Das Foto, das auf der Titelseite der New York Times fehlte
Artikel von Thomas Immanuel Steinberg vom 28.5.2004
Die neuen Nazis marschieren
Ein Schrei des Entsetzens - von Andreas Vogel, November 2004
Das verborgene Massaker von Falludscha - Fallujah
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Was wir über den Vorgang, der als Entführung von Susanne Osthoff veröffentlicht wurde, wissen
Zusammenfassende Betrachtungen von Andreas Vogel, 21.12.2005 (ergänzt am 8.1.2006)
Das Wunder von Bakuba
Eine als 'Terroristenführer' bezeichnete und 'al Sarkawi' genannte Person soll getötet worden sein, 9.6.2006
Krebs in Falludscha
Aufsehenerregende Studie: Zur Hinterlassenschaft der US-Armee im Irak gehören die Folgen des Einsatzes von Uranmunition - Karin Leukefeld, Damaskus, am 31.8.2010 in 'junge Welt'